
In arabischen Ländern leben Tausende Arbeitsmigranten aus Afrika unter unwürdigen Bedingungen in Lagern. Eine Menschenrechtsorganisation wirft den Golfstaaten einen Rassismus vor, der «bis zur Perfektion strukturiert» sei. Hintergründe von Bernd Dörries und Dunja Ramadan.
Hunderte Männer liegen auf dem blanken Boden, viele mit nacktem Oberkörper. Die Männer schauen apathisch, manche zeigen Narben auf ihrem Rücken. Es sind Bilder aus Saudi-Arabien, einem der reichsten Länder der Welt, die nach Angaben des Daily Telegraph von äthiopischen Migranten aufgenommen wurden – von jungen Männern also, die an den Golf kamen, um zu arbeiten. Nun werden sie nicht mehr gebraucht und in verschiedenen Unterkünften festgehalten, die wie Internierungslager aussehen.
«Es ist die Hölle, wir werden behandelt wie Tiere und jeden Tag geschlagen», berichtet ein junger Äthiopier. Einige Insassen hätten sich bereits umgebracht, die wenigen Toiletten seien mit Fäkalien überschwemmt, Trinkwasser gebe es kaum. Der äthiopische Generalkonsul im saudischen Dschidda berichtete, dass es dort 53 Gefängnisse gebe, in denen Äthiopier festsitzen. In einem sogar 16.000 Menschen.
Menschenrechtsorganisationen forderten Saudi-Arabien auf, für humane Bedingungen zu sorgen und die Lager aufzulösen. Die saudische Botschaft in London versprach Aufklärung, die Bilder seien «schockierend und nicht akzeptabel».
Rassismus «bis zur Perfektion strukturiert»
Sie decken sich aber mit dem, was Gastarbeiter seit Jahren aus vielen Staaten am Golf berichten, wo sie von ihren Arbeitgebern wie Sklaven gehalten und oft missbraucht würden. Die lokale Gesetzgebung macht die Migranten fast vollkommen von ihren Arbeitgebern abhängig, gewährt oft nicht einmal minimale Arbeitsrechte.
Wer sich beschwert, wird im besten Fall einfach hinausgeworfen, aus freien Stücken zu gehen, ist gleichzeitig nicht möglich – Arbeitsmigranten müssen ihre Pässe beim Arbeitgeber abgeben. Nicht selten kommt es zu Gewalt gegen die Angestellten. Die äthiopische Zeitung Addis Standard berichtete, dass am Flughafen Addis Abeba regelmäßig die Leichen von Gastarbeiterinnen aus arabischen Staaten ankommen.
Die Zustände in Saudi-Arabien waren selbst der äthiopischen Regierung zwischenzeitlich zu grausam, 2016 untersagte sie ihren Bürgern, zum Arbeiten in das Land zu gehen, vergangenes Jahr wurde das Verbot wieder aufgehoben. Wohl nicht, weil sich die Zustände grundlegend geändert haben, sondern aus ökonomischer Notwendigkeit. Millionen Gastarbeiter aus Asien und Ostafrika arbeiten im Königreich, meist als Haushaltshilfen oder Bauarbeiter – und schicken trotz schlechter Bezahlung Geld in die Heimat, das dort dringend benötigt wird.
Viele sind in den vergangenen Jahren jedoch überflüssig geworden, seit Kronprinz Mohammad bin Salman seine Landsleute dazu aufgerufen hat, verstärkt Saudis zu beschäftigen, um die Arbeitslosigkeit zu reduzieren. Die saudische Regierung behauptet nun, Äthiopien wolle Zehntausende seiner Staatsbürger nicht zurücknehmen, was die Regierung in Addis Abeba zurückweist.
Der Rassismus in den Golfstaaten sei «bis zur Perfektion strukturiert», schreibt Vani Saraswathi von der Organisation Migrant Rights, die sich unter anderem für die Rechte von Gastarbeitern einsetzt. In anderen wohlhabenden Ländern gebe es gemischte Nachbarschaften, öffentliche Verkehrsmittel und Einrichtungen, die von allen genutzt werden. In den Golfstaaten herrsche letztlich «Segregation».
qantara.de