
Die Kindfrau des Scheichs [de]
Gedicht: Dr. Mohamed Badawi
Oh Ihr Scheichs der Frömmigkeit meiner Nation
Wie könnt Ihr nur derartige Taten begehen?
Die Sandkörner meines Hauses zu speisen
Wie könnt Ihr das tun?
Die Errettung eures Leibes auf den Bergen Sinai abzulehnen
Fragt mich nicht
Denn ihr hasst mich
So wie ihr es hasst den Platz freizuräumen
Ihr erdrosselt mich
Ihr verabscheut mich
Ihr tötet den Atem aller schönen Dinge in mir
Sogar meine weißen Tauben sowie mein Reh
Ihr mordet meine Erinnerungen im Herzen jener Knospen und Kinder
Ihr lasst erschallen die Posaunen, Verse meiner Demütigung
Ihr wiegt euch
Den Rhythmus des Todes im Blut, die Melodien nächtlicher Nays im Gehör
Ihr stellt mich bloß
Nehmt mir den zurückgebliebenen Schatten meiner einst blühenden Würde
Warum ich ?
Ihr habt mich vermählt mit einem Scheich, gleich dem Vater meines Vaters
Junge Mädchenkörper verabscheuen faltige Männer
Lorbeerkränze sind Mädchenkörper für ältere Männer
Ja
Mein Vater sagte Ja
Sagte Ja zum grauen Herrn
Meine Heirat
Oh, ich wünschte, es wäre nicht
Meine Heirat
Nein, meine Bestattung
Wir sind zu jung um sprechen zu können
Meine Hochzeit
Mit den Blumen des Nichts
Eine Menschenmenge
Ein Karneval
Die Melodien der Klagenden
Meine Träume, eine Fatamorgana
Hand in Hand vor dem Imam
1001 Nacht
Der Mittelpunkt jedes Gespräches
Lärm füllt die Ohren – Horror
Glückwunsch, für eure Süße
Freude, Jubel der Prediger
Sie haben keine Scheu
Und ich? – Kein Leben
Es war die Hochzeit
Oh, ich wünschte es wäre
Meine Bestattung
Und wir können noch nicht sprechen
Meine Heirat zu Rosen von Allerheiligen
Ein Nayspieler flötet
Ein anderer folgt dem Kanon
Sie sangen das Lied des Testaments
das Lied der gestorbenen Mädchen
Sie sangen die Weisen des Richters
Höchste Instanz
Keine Revision des Vergehens
Meine Hochzeit, gleich dem Schauplatz auf einem Friedhof
Eine tiefe Trauer liegt darüber
Die Angst in mir war ohne Mühe greifbar
Dennoch verschloss ich mich nicht
Das Mädchenherz, Opfer des Bräutigams
Und keiner Euresgleichen hinterfragt es
Dem Mädchenherz wurde sein Wert genommen
Wer schert sich um den Kadaver einer Straßenkatze?
Geschlachtet in ihrer Hochzeitsnacht im Brautkleid
Wie die Schächtung der Lämmer am Tage des Opferfestes
Fragt mich nicht nach meiner Seele
Ich brauche von meinem Scheich kein Geschenk
Keine Kindheit, kein Appetit
Das Urteil des Richters fiel:
Ein lebenslänglicher Ehemann
Ohne Reue
Ich schritt geneigten Hauptes
Zum Gefängnis des Scheichs
Ich kam als junge Braut
Satt von Sorgen
Seit ich am Höllentor eintraf
Sangen die Frauen der Nachbarschaft die Verse des Gebotes
Sag nichts
Steh nicht
Geh nicht
Ich habe mich niemals dem Willen meiner Mutter widersetzt
Ich habe niemals zu meinem Vater in Anwesenheit des Scheichs Nein gesagt
Ich habe nicht in der Hochzeitsnacht Nein gesagt:
Hol mir
Komm her
Mach – sonst …..
Der Gast kam und hat sich meiner Privatsphäre bemächtigt
Ich habe nie in dieser Höllenküche Nein gesagt
Ich habe mich dem Gebären der Kinder des unfehlbaren Scheichs nie widersetzt
Nie habe ich die Besucher des Pilgerortes abgelehnt
Ich habe zum Tragen des Schleiers in meiner Kindheit nie Nein gesagt
Ich habe zu keiner Bitte seiner Verwandten Nein gesagt
Sie führten mich auf den guten Weg, zur Falle hin
Kein Windhauch streicht mein Gesicht
Und keine schattigen Pausen
Ich wagte nicht Nein zu sagen, als das Leben mein Herz verließ
Entschuldigt mich, wenn ich zu einer eiskalten Killerin geworden bin
Ich habe den ausbeuterischen Leitwolf getötet
Eine neue Ära beginnt
Ich wende mich an mich selbst und sage:
Die Liebe ist eine Hymne
Ich lausche meinem sechsten Sinn
Eine solche Demütigung nie wieder
Das Gefängnis ist barmherziger als das Pilgerhaus
Der Scheich ist in der ewigen Hölle
Der Leitwolf geht ins Teufelsgrab
Und ein Lichtblick belebt wieder meine Seele
Zu spät, meine Kindheit ist vorbei
Daran lässt sich nicht rütteln
Aber dennoch, mein Mut ist wie Stahl
Meine Überzeugung heilt wie Balsam meine Seele
Wahrlich, meine Überzeugung ist mir näher als mein Puls